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Zeiss Ikon Ikoflex Ib (Modell 856/16)

Geschichte
Ikoflex Ib im Detail - Anstelle einer Anleitung
Conclusio - soll man damit fotografieren?
Galerie - Bilder, die mit der FTn entstanden sind
Links und andere Quellen

Geschichte

Ikoflex Ib

Ich will nicht vorgeben, ein Experte von Zeiss-Kameras oder der Firmengeschichte zu sein. Andere, weitaus Berufenere, haben darüber schon geschrieben. Eine gute Übersicht zur Bedeutung der Ikoflex stammt von Ivor Matanle, dessen zwei Bücher über das Sammeln und Benutzen klassischer Kameras (siehe Buchempfehlungen) ein Standardwerk für Sammler sind. Meine Zusammenfassung zur Modellreihe beruht in weiten Teilen auf seinen englischen Texten. Mehr Material finden Sie in den Links am Schluss dieses Artikels.

Als die Ikoflex bei Zeiss Ikon (ein Firmenzusammenschluss damals so bekannter Namen wie Zeiss, Goerz, Ica, Ernemann und Contessa-Nettel) herauskam, waren die Rolleiflex und die Rolleicord bereits seit einigen Jahren am Markt. Offensichtlich sah man bei Zeiss einen Markt, und davon wollte man sich seinen Teil sichern.

Die Ikoflex-Serie begann 1934 mit der sogenannnten “Coffeecan”, die angeblich der deutschen Armeekaffeekanne des 1. Weltkriegs nachempfunden wurde. Als einzige der Serie transportiert sie den Film waagrecht, was man auch an der äusseren Form erahnt. Denn das nächste Modell, die Ikoflex von 1936, hatte wie bei TLRs üblich, einen vertikalen Filmtransport, wodurch sich die typische Ziegelform dieser Kameratype fast zwangsläufig ergibt.

Kurz darauf folgte die Ikoflex II mit neuen Objektiven (bisher Novar und Triotar, nun auch Tessar) und 1938 das Modell III. Zu diesem Zeitpunkt beginnt es kompliziert zu werden, denn das Modell I wurde eingestellt und die II wurde fortan als Ikoflex I verkauft. Die internen Numerierungen sind auch nicht sehr hilfreich, auch hier gibt es Überschneidungen. Anfang 1939 wurde Modell III zu Modell II und eine neue Ikoflex III mit einer Filmtransportkurbel (wie die Rolleiflex) landete in den Regalen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Firmenkonglomerat Zeiss von den Alliierten aufgeteilt. Die Ikoflex-Produktion blieb bei Zeiss Ikon in der ehemaligen Goerz-Fabrik im Westteil von Berlin, wo die Produktion im kleinen Rahmen wieder aufgenommen wurde. 1950 entstand dann das erste neue Modell, die IIa, bei der Blende und Zeit von oben abgelesen werden können.

1952 wurde die Ikoflex I erneuert (erstmals ist eine Blitzsynchronisation vorhanden) und bekam den Namen Ia. Im gleichen Jahr erschien eine überarbeitete IIa, bei der der Verschluss mit dem Filmtransport gekoppelt ist. Zeit und Blende werden erstmals mit kleinen Rädchen zwischen den Linsen gesteuert (wie bei Rolleiflex) und können von oben in einem gemeinsamen Fenster abgelesen werden. Somit muss der Fotograf nicht mehr die Kamera zu sich drehen, um die Einstellungen zu überprüfen oder zu ändern.

1956 entstanden die Ikoflex Ib und Ic, wobei letztere einen Belichtungsmesser eingebaut hat. Gemeinsam ist ihnen die Doppelbelichtungssperre und der gesichterte Auslöser, der nach rechts ausgeschwenkt wird. 1957 spendierte Zeiss auch der IIa den Belichtungsmesser, der auf der Mattscheibe abzulesen ist, und nannte sie “Favorit”. 1960 schliesslich endete die Produktion aller Ikoflex-Modelle.

Ikoflex Ib im Detail

ModellbezeichnungIkoflex Ib (856/16)
HerstellerZeiss Ikon
Baujahr1956-1958
Maße143 x 105 x 98 mm (HxBxT), 1.0 kg
Filmformat120 (6x6 cm)
ZentralverschlussProntor-SVS, 1-1/300, B
FilmtransportTransportrad rechts, Autostop
FokussierungEinstellrad links
SucherLichtschachtsucher
Belichtungsmessungkeine
Mattscheibe(n)fix, Gitterlinien
AuslöserDruckknopf rechts mit Sicherung
Drahtauslöseranschluss
BlitzauslöserX- und M-Kontakt
Zubehörschuhnein
AufnahmeobjektivCarl Zeiss Tessar 75 mm f3.5-16 stufenlos
10 Blendenlamellen
SucherobjektiveTeronar-Anastigmat 75 mm f3.5
Filtergewinde35.5 mm
Stativanschluss1/4"
weitere FeaturesBildzählwerk
Selbstauslöser

Wer sich mit TLRs generell auskennt, wird mit der Ikoflex zurechtkommen. Dachte ich. Aber schon beim herumspielen ohne Film fiel mir auf, dass plötzlich der Auslöser gesperrt war. Keine Sorge, das ist normal und ein Schutzmechanismus, um den Ende des Filmes anzuzeigen. Leider wird dieser Mechanismus nicht automatisch zurückgesetzt. Dazu sollte man sich beim Einlegen des Filmes an folgende Anleitung halten.

  1. Rückwand öffnen
  2. vollen Film aus oberer Kammer nehmen und leere Spule von unten nach oben verlegen
  3. neuen Film in untere Kammer einlegen; die Filmhalterung lässt sich ausklappen
  4. Film in leerer Spule einklemmen und langsam drehen, bis er fest sitzt
  5. der Film wird solange weitergedreht, bis der Pfeil am Papierträger erscheint
  6. Rückwand schliessen
  7. Guckloch im Kameraboden öffen
  8. Film (langsam!) weiterdrehen, bis die Bildnummer “1” im Fenster erscheint
  9. Guckloch schliessen
  10. die kleine silberne Scheibe rechts unter dem Bildzählfenster gegen den Uhrzeigersinn drehen, bis sie blockiert
  11. Verschluss spannen und Sie sind bereit

Ab nun ist es einfach. Verschluss spannen, den Auslöser ausklappen und runterdrücken. Danach das Transportrad weiterdrehen, bis es blockiert. Die Kamera ist mechanisch gegen Doppelbelichtung und Leertransport gesichert, Sie können den Film nicht weiterdrehen, ohne zuvor abzudrücken und Sie können nicht durch neuerliches Spannen des Verschlusses ein zweites Bild auf das gleiche Negativ bringen, ohne zuvor den Film transportiert zu haben.


Ikoflex Ib

Scharfgestellt wird mit dem Rad an der linken Seite, das einen erfreulich kurzen Einstellweg hat. Die übrigen Verstellmöglichkeiten sind rund um das Aufnahmeobjektiv angeordnet, auf dessen Vorderseite auch die Anzeige von Zeit und Blende sitzt. Links unter dem Objektiv sind der Blendenhebel und das Zeitenrad, rechst findet sich der Verschluss-Spannhebel und der Blitzsynchonisations-Wahlschalter. X und M sind für elektronische Blitzgeräte bzw. Blitzbirnen gedacht, V aktiviert den Selbstauslöser.

Der Auslöser sitzt rechts vorne. Er muss erst ausgeschwenkt werden, sonst ist er mechanisch gegen versehentliche Betätigung geschützt. Direkt darüber in der rechten Seitenwand befindet sich der Kabelauslöseranschluss und zwischen den beiden die Rückstellung für das Bildzählwerk und der Filmtransportknopf, der auch eine Filmmerkscheibe enthält. Darunter ist die Blitzbuchse. Einen Zubehörschuh, der den Blitz aufnehmen könnte, gibt es nicht, Sie müssen sich mit einer Blitzschiene behelfen.

Im Boden der Kamera finden Sie das Stativgewinde und ein Guckloch, mit dem Sie den Beginn des ersten Bildes auf dem Papierträger finden. Danach sollte es immer geschlossen bleiben, damit nicht bei allzu langer Sonneneinwirkung auf diese Stelle ein Fleck am Negativ entsteht. Für die kurze Zeit während des Einlegens des Filmes besteht aber keine Gefahr.

Das Filtergewinde hat einen Durchmesser von 35.5 mm, wofür auch heute noch Filter produziert werden.

Eines der wichtigsten Zubehörteile ist die Bereitschaftstasche aus festem braunem Leder und der Gurt, an dem die Kamera auf der richtigen Arbeitshöhe gehalten wird. Einer der Vorteile von TLRs ist, dass man damit unaufdringlich fotografieren kann und auch längere Zeiten (1/25) noch verwacklungsfrei hinbekommt. Das funktioniert deshalb so gut, weil die Kamera vom Gurt ungefähr auf Gürtelhöhe gehalten wird. Durch einen leichten Zug nach unten wird sie zusätzlich stabilisiert. Auch der Auslösehebel wirkt nach unten.

Conclusio

Wenn man von den interessanten Details der Auslösesicherung absieht, ist die Ikoflex ein unauffälliges Arbeitsgerät, das dem damaligen Stand der Technik entspricht, und auch von vielen Profis, namentlich Portraitfotografen im Nachkriegsdeutschland und den USA, gerne benutzt wurde. Was Verarbeitungsqualität und Funktionsumfang betrifft war sie zwischen der Rolleicord und Rolleiflex angesiedelt. Mit ihrem Gewicht von ziemlich genau einem Kilogramm liegt sie angenehm in der Hand und strahlt mechanische Stabilität aus. Die Einstellknöpfe laufen satt und nichts wackelt oder klappert. Besonders gefallen hat mir, dass man den Sucherdeckel mit einem Finger öffnen und schliessen kann sowie die Präzision, mit der das Objektiv in die Schärfezone läuft.

Dennoch sollte man von einer Kamera, die 50 Jahren am Buckel hat, nicht erwarten, dass sie problemlos ihren Dienst versieht. Von Vorteil ist, dass sie weniger oft von Pressefotografen verwendet wurde, was für eine geringere Abnützung spricht. Allerdings kann der mechanische Verschluss und dabei besonders das Langzeitlaufwerk (ab 1/25 Sekunde) nach langer Zeit in der Vitrine problematisch werden. Und wenn der Verschuss gespannt aufbewahrt wird, dann wird sich das auch auf die Spannkraft der Verschlussfeder negativ auswirken. Ein Service durch einen versierten Feinmechaniker kann nie schaden. Bei der Gelegenheit sollten auch der Spiegel und die Mattscheibe vorsichtig gereinigt werden. Sie werden staunen, wie klar das Sucherbild danach ist!

Für Sammler kann diese Serie interessant sein, weil sie noch nicht so gesucht ist wie die Produkte von Franke & Heidecke, was man auch daran merkt, dass es kein aktuelles Buch darüber gibt. (Weiter unten finden Sie das einzige Buch, das ich dazu auf Deutsch im Internet entdeckt habe.) Wegen des Durcheinanders bei Zeiss in der Numerierung der Modelle ist die exakte Bezeichnung nicht so einfach, dafür ist die Serie, auch was das Zubehör angeht, überschaubar.

Die Antwort auf die Frage, ob es sich lohnt, mit einer Ikoflex um die Häuser zu ziehen, hängt natürlich von Ihnen und ihren Zielen ab. Ansich ist sie eine gute Kamera, mit einer (wenn es sich um ein vierlinsiges Tessar handelt) durchaus guten Optik. Aber, und das ist für viele heutzutage ein grosses “aber”, sie ist nicht ganz so einfach zu bedienen wie eine Rolleiflex. Dass sie keinen Belichtungsmesser hat, damit kann ich leben. Das Problem liegt für mich im nicht gekoppelten Verschluss. Wenn man nicht regelmäßig mit ihr arbeitet, vergisst man oft, den Verschluss vor dem Auslösen zu spannen und dann entgeht einem ein wertvoller Moment. Das ist aber auch die einzige Einschränkung aus meiner Sicht. Für Landschaft, Studio und Architektur ist sie ein vollwertiges Gerät, mit dem man Ergebnisse erzielen kann, die sich auch heute nicht verstecken müssen.

Hier noch ein paar Bilder, die ich 2007 damit gemacht habe.

Links und andere Quellen

Ikoflex History ChartÜberblicksliste aller Ikoflex-Kameras mit Details zur Klassifizierung
Ikoflex/Contaflex TLRsAlle Modelle mit Fotos illustriert, Details zu jedem Exemplar
Ikoflex IIaAlfred Klomps Erfahrungsbericht zur IIa
Classics to useIvor Matanles Artikel über die Ikoflex-Serie in Amateuer Photographer 2005/10
Heinrich Freytag: Das Ikoflex-Buch (Verlag Knapp 1954, 91 Seiten, ASIN: B0000BI89T)
Ikoflex Ib Ikoflex Ib with ever-ready-case Ikoflex Ib: detail of focus-knob Ikoflex Ib: detail Ikoflex Ib opened